
Slow Fashion
von Lejla Usabaev
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Versprechen – aktuelle Zahlen – Fazit
Slow Fashion gehört schon lange in die Regale nachhaltiger Modemacher, doch seit wann und warum nehmen Kunden die Abfahrt Richtung Nachhaltigkeit ganz bewusst?
Slow Fashion gibt es eigentlich schon immer, obwohl seine Erfindung erst als Gegenspiel zum Begriff Fast Fashion entstand. Der Begriff ist eng verwandt und wird oft synonym verwendet mit den Begriffen Ethical Fashion und Fair Fashion.
Nachhaltigen Modelabeln zeigt sich oft, dass die Nuancen der Unterscheidung dieser Begriffe verfließen und allein nicht mehr funktionieren. Das liegt an den gestiegenen Anforderungen an unsere Klamotten und auch an der gestiegenen Verantwortung gegenüber unserem grünen Planeten.
Grün ist schon lange kein Trend mehr und eher situiert in einer Notwendigkeit, denn Fast Fashion macht, wie schon viele wissen, mehr Probleme, als sie löst. In der EU werden über 80% der Kleidungsstücke weggeworfen. Diese Millionen Tonnen Textilabfälle landen dann auf Deponien in anderen Ländern, verschmutzen diese oder werden verbrannt.
Der Mythos vom „ewigen Kreislauf“ der Kreislaufwirtschaft
„Die ‚Kreislaufwirtschaft‘ wird als neueste Lösung für die Umweltprobleme unserer Wegwerfgesellschaft propagiert – vor allem von der Modeindustrie und der Politik.“ – schreibt Greenpeace in ‚Die Modebranche am Scheideweg‘ im Jahr 2017. Doch, um eine nachhaltige Veränderung und Entwicklung zu garantieren, soll am Schopf des Problems angesetzt werden, stattdessen propagieren viele Marken den Mythos vom „ewigen Kreislauf“, demzufolge Kleidung unendlich recycelt werden kann – dadurch soll der Modekonsum weiter steigen können, mit allen bekannten Schäden für die Umwelt. Greenpeace fragt, ob wir uns sicher sein können, dass die Umwelt durch die ewige Spirale der geschlossenen Kreislaufwirtschaft nicht belastet wird.
Greenpeace betont schon 2017, dass es zweierlei Dinge bedürfe, um den Stoffkreislauf zu schließen: „Um Abfall und aufwändiges Recycling zu vermeiden, bedürfe es verlangsamter Stoffströme und der Umsetzung langfristiger Designstrategien für einen geschlossenen Stoffkreislauf.“ Greenpeace warnt weiter, dass „die recyclingorientierte Kreislaufwirtschaft der Modeindustrie“, die auch im Fokus des kurz zuvor veröffentlichten Reports ‚Pulse of the Fashion Industry‘ der Global Fashion Agenda und Boston Consulting Group stehe, das Thema nicht zielführend angehe. Demnach werde die Bekleidungsindustrie ihren derzeitigen Wachstumskurs fortsetzen, indem große Marken noch größere Marktanteile erobern und ihre sogenannten „Best Practices“ umsetzen: Bis 2030 werde die Branche laut Prognose ihren Gebrauch von Polyester verdoppeln – als Teil einer sogenannten „nachhaltigen Fasermischung“, die angeblich recycelbar ist.
Diese Information ist heute so aktuell wie nie, denn nun sehen wir, was die Agenda in acht Jahren geschafft hat. Ob ein Umdenken stattgefunden hat?
Schon damals stand die Frage im Raum: „Können wir sicher sein, dass die Umwelt dadurch nicht belastet wird? Und welches Potential bietet das Recycling von Naturfasern?“
Hard Facts von heute
Greenpeace veröffentlichte 2024 den Artikel „Fast Fashion versus Grüne Mode“. In diesem schreibt Greenpeace, dass drei Viertel der aussortierten Textilien auf Deponien landen, verbrannt werden oder durch illegale Entsorgung die Natur verschmutzen. Die Schätzung: Weltweit jede Sekunde eine LKW-Ladung voll. Nur ein geringer Prozentsatz werde recycelt: Weniger als 1 Prozent ihrer Textilien stelle die Bekleidungsindustrie aus recycelten Fasern her.
Obwohl in dem Artikel betont wird, dass die Modeindustrie auf dem Weg zu giftfreier Produktion weit vorangekommen sei, bestehe nun die Gefahr, dass die weltweit wachsende Produktion und der steigende Konsum von Kleidung diesen Erfolg zunichtemachen könnte. Rund 100 Milliarden Kleidungsstücke wurden im Jahr 2014 produziert, 2030 sollen es bereits über 200 Milliarden sein.
Greenpeace führt in seinem Artikel „Wie umweltfreundlich ist die Textilindustrie?“ weiter aus, dass Fast Fashion das Problem der Modeindustrie sei.
Wie viel wird wirklich recycelt?
Ist die Agenda der Modeindustrie nach den Analysen seit 2017 noch vertretbar? Kann Recycling und Überproduktion zusammen funktionieren? Ist „recyclingorientierte Kreislaufwirtschaft“ die Lösung?
Hierauf lieferte Greenpeace erneut eine aktuelle Reflexion der Zahlen weltweit in seinem Artikel „Fast Fashion versus Grüne Mode“ von 2024.
Dort steht: „Etwa ein Prozent der Kleidung besteht aus recycelten Fasern. Das hat mehrere Gründe: Ein großes Problem ist es, die eingesetzten Fasern zu identifizieren. Denn oft sind die Etiketten aus der Kleidung herausgeschnitten. Und selbst wenn Stoffe erkannt werden, verhindern die vielen Fasermixe, aber auch die Zusammensetzung unterschiedlicher Stoffe, Knöpfe, Reißverschlüsse und anderer Elemente bislang ein wirtschaftlich rentables Trennen.“
Wichtig ist: Wenn von Recycling die Rede ist, handelt es sich nicht um die Wiedergewinnung von Fasern zur Herstellung neuer Kleidung. Sondern, die Stoffe werden meist geschreddert und zu Putzlappen oder Isolier- und Füllstoffen verarbeitet. Tatsächlich ist diese Nutzung nur eine vorübergehende Lebensverlängerung, denn letztendlich werden diese Lumpen zu Müll.
Fazit
Fast Fashion ist zum Umweltproblem geworden. Die Verursacher sollen von „Textilhändlern zu Textildienstleistern“ werden.
Die Greenpeace-Expertin sagt: “Ohne das Entschleunigen der Warenströme, also weniger Kollektionen, wird Kreislaufwirtschaft eine schöne Werbelüge bleiben. Wir brauchen dazu eine gesetzliche Regulierung. Der Ball liegt jetzt bei der künftigen Bundesregierung.”
Die Modeindustrie würde sich nicht freiwillig und selbstbestimmt verändern. Es läge nun an der künftigen Bundesregierung, die gesetzlichen Regulierungen zu schaffen.
Angebote zum Reparieren, Mieten oder für Second-Hand-Kleidung bei den untersuchten Firmen seien Mangelware. Dass die Textilindustrie durchaus in der Lage sei, sich zu verändern, zeige der Erfolg der Detox-Kampagne (hier: https://www.greenpeace.de/engagieren/nachhaltiger-leben/grosse-null).